Unser Quartier für die nächste Woche ist bezogen - im ländlichen Stil, dennoch modern eingerichtete Zimmer in einer früheren Stallung. Wohnungsnamen wie „Foleboksen“ oder „Hestegangen“ lassen erahnen, wer früher hier nächtigte. Vom oberen Stock aus kann ich direkt auf den Fjord sehen. Wenn die Windrichtung stimmt, so denke ich mir, kann ich gleich auf der Wiese vor der Unterkunft einen Kite (Lenkdrachen) aufbauen und starten.
Schirmhandling perfektionieren vor der Haustür
Gerade 200 m vom Haus entfernt, gibt es einen kleinen Hügel. Die ersten Piloten packen ihre Gleitschirme.
Ab geht es zum Groundhandling. Üben und mit dem Schirm den Hang hochzulaufen, ist ihr Ziel. Auch kleine Abgleiter von der Kante sind möglich.
Als später der Wind etwas auffrischt, sind schnell die Gleitschirme gegen die kleinen Spielkites ausgepackt. Die Windrichtung am Limfjord passt zudem genial zum Kitsurfen. Unser Kiteprofi geht aufs Wasser und checkt die Situation. Perfekt, auch ich baue mir einen kleinen Kite auf. Ich starte, gehe ins Wasser, fahre los, spiele mit den kleinen schäumenden Wellen weit draussen und habe richtig Spass.
Wir Gleitschirmpiloten können es kaum erwarten in die Luft zu kommen. Dominik checkt die Wetter -und Windprognosen. Für morgen früh sieht es gut aus. Der Wind nimmt für ein paar Stunden ab. Bereits vier Uhr sind alle auf den Beinen. Aufzustehen fällt mir nicht schwer, es ist um diese Uhrzeit bereits taghell. Das Zeitfenster von drei Stunden möchte ich optimal zum Gleitschirmfliegen nutzen.
Soaring entlang der Düne von Krig Vig
Wir bereiten unsere Gleitschirme vor, haben etwas Respekt, denn der Wind bläst noch stark. Dominik gibt uns eine Gebietseinweisung: Wie weit dürfen wir fliegen, wo liegen die Gefahren beim Soaring, wie starte ich den Schirm an der Düne bei diesen Windbedingungen? Der erste Pilot wagt den Start. Er startet den Schirm rückwärts unten an der Grasdüne, dreht sich aus, läuft ein paar Schritte den Hang hoch und schon fliegt er. Einer nach dem anderen geht raus.
Nun bin ich an der Reihe. Ich höre auf Dominik, der direkt neben mir steht, meine Nervosität verschwindet: Aufziehen, entgegenlaufen, kontrollieren, ausdrehen, ein wenig hoch laufen. Perfekt! Ich fliege.
Sanft taste ich mich dem Hang näher und komme im laminaren Aufwind nach oben. Ich werde frecher, spiele mit dem Wind, wie auch die anderen Piloten. Wir soaren stundenlang an der Grasdüne, überfliegen diese, wingovern und landen erst, nachdem der Wind spürbar zunimmt und die ersten grossen Schaumkronen im Wasser sichtbar werden.
Spielen mit dem Kite
Die nächsten Tage wird der Starkwind anhalten. Am Krig Vig Fjord gibt es eine perfekte Wiese, wo unsere Kite-Einsteiger sich optimal an die Kitesteuerung rantasten und üben können. Von unseren Kiteprofis Peter und Martin erhalten sie eine Theorie-Einführung. Dann werden die kleinen Trainer-Kites parat gemacht, Leinen gecheckt und das Windfenster geprüft. Für zwei Kite-Schüler steht je ein Kitelehrer bereit, die Schulung ist so recht effektiv. Ein Schüler startet, der andere lenkt den Schirm. Trainiert wird zuerst auf dem Land. Mit der Übung und den Hinweisen der Lehrer bekommen es die Piloten recht schnell in den Griff. Sie steuern die kleinen Schirme perfekt durch den Wind und spüren ihre Zugkraft. Manch einer wird übermütig, probiert seinen ersten Kite-Loop aus.
Der Regen hört auf. Einige nutzen die Chance und gehen mit Peter auf das Wasser. Tandem-Kiten genau vor der Haustür ist angesagt. Der 12 m2 Tubekite ist rasch aufgepumpt. Anleinen, in den Neopren schlüpfen und dann starten. Was für ein Erlebnis: Zu zweit über die Wellen reiten, den Fahrtwind im Gesicht und die Geschwindigkeit spüren. Die Mutigen wagen sogar einen Sprung. Mit einem fetten Grinsen kommt der Erste vom Wasser.
Fliegen am Leuchtturm von Løkken
Ein besonderes Pilotenerlebnis ist der Flug zum Leuchtturm, welcher auf der grössten europäischen Wanderdüne steht.
Die Windbedingungen und die Richtung sind für einen Tag perfekt angesagt. Nichts für Langschläfer, um 5 Uhr brechen wir in Richtung Løkken auf.
Dominik führt uns auch diesmal in das neue Fluggebiet ein. Der Wind bläst noch stark: Um die 35 km/h sind es anfänglich. Wir gehen zum Startplatz, machen uns flugbereit. Der Wind wird schwächer, 20 km/h sind es nun. Einer nach dem anderen startet den Schirm rückwärts, dreht aus und gelangt mit Hilfe von Dominik bis zur Kante. Ohne Unterstützung ist das Vorwärtslaufen gegen den Wind oben auf der Düne schwierig. Geschafft: Alle Piloten und ich sind in der Luft. Wir fliegen. Zuletzt startet unser Gleitschirmlehrer.
Gemeinsam fliegen wir in Richtung Leuchtturm. Landschaftlich ist es einfach ein Traum. So früh am Morgen scheinen nur wir in der Luft zu sein. Wir lassen uns tragen bis hin zum Turm und noch ein Stück weiter. Ich bestaune die wellenmässig geformte, eindrückliche Wanderdüne, geniesse den Blick auf das türkisblau leuchtende Meer, die weissen Brandungswellen und die schroffen Klippen und fliege einfach - mit einem grossem Lächeln im Gesicht. Es ist der Wahnsinn.
Toller Teamspirit
Wir kochen zusammen – und weil jeder in unserer Gruppe „Seafood“ mag - oft nach nordischer Art und Weise. So gibt es frischen Meeresfisch und Austern direkt aus dem Limfjord.
Alles hat ein Ende
Auch unser gemeinsames Abenteuer in Dänemark ist in wenigen Tagen vorbei. Mit tollen Küsten-Flugerinnerungen und spassigen Kitesurferlebnissen werde ich heimkehren.
Es ist ein abwechslungsreiches Abenteuer: Gleitschirmfliegen in Kombination mit Kiten. Wir haben die Windbedingungen perfekt genutzt.
Dänemark, ich werde wieder kommen!